Herzogtum Schleswig

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Wappen von Schleswig (Schleswigsche Löwen)
Das Herzogtum Schleswig und seine Harden in den historischen Grenzen vor 1864.

Das Herzogtum Schleswig (dänisch: Hertugdømmet Slesvig) existierte bis 1864. Hauptstadt war die Stadt Schleswig. Vorläufer des Herzogtums war im frühen Mittelalter das Jarltum Südjütland (Sønderjylland).

Geographie

Die Fläche des historischen Herzogtums Schleswig umfasste rund 9.200 km². Im Süden waren Eider und Levensau die Grenze zu Dithmarschen und Holstein; die Insel Fehmarn gehörte zu Schleswig. Die Eider-Grenze wurde bereits im 11. Jahrhundert von Adam von Bremen erwähnt. Im Norden bildete die Königsau die Grenze zum übrigen Jütland. Im Westen befindet sich die Nordsee, im Osten die Ostsee.

Das Gebiet des Herzogtums in den Grenzen von 1864 teilt sich heute auf in den Landesteil Schleswig auf deutscher Seite, bestehend aus den Kreisen Nordfriesland, Schleswig-Flensburg, dem Nordteil des Kreises Rendsburg-Eckernförde und der Stadt Flensburg sowie Nordschleswig auf dänischer Seite, das bis 31. Dezember 2006 deckungsgleich mit dem Sønderjyllands Amt war, jetzt aber in der Region Syddanmark aufgegangen ist.

Bis 1864 gehörten dem Herzogtum noch sieben Kirchspiele südlich von Kolding, ein zwischen Königsau und Ribe (deutsch: Ripen) gelegener Landstrich und die Insel Ærø an. Nach der Übergabe Schleswigs an Preußen gelangten diese ausschließlich dänisch bevölkerten Gebiete im Tausch gegen die königlich dänischen Enklaven an der Westküste Schleswigs an das Königreich Dänemark. Im 13. und 14. Jahrhunderts gehörten den schleswigschen Herzögen auch Langeland sowie Gebiete auf dem südlichen Fünen.

Siedlungsgeschichte und Bevölkerung

Das Gebiet Schleswigs war zur Völkerwanderungszeit vor allem von westgermanischen Angeln besiedelt. Nachdem große Teile der Angeln zusammen mit den in Nørrejylland siedelnden germanischen Jüten siehe: Meyers Neues Lexikon (Mannheim 1979) und Meyers Enzyklopädisches Lexikon (Mannheim 1975) definierten die Jüten noch als nordgermanisch, während der Atlas zur Universalgeschichte von Oldenbourg/Westermann die Jüten als westgermanisch beschreibt; der Brockhaus (Mannheim 2006), die Encyclopædia Britannica (Chicago 2005), das Duden-Lexikon (1980) und das dtv-Lexikon (München 1971) beschreiben die Jüten allgemeiner als germanischen Stamm in Jütland, und den südlich Schleswigs siedelnden Sachsen im 4. und 5. Jahrhundert (insbesondere wohl um das Jahr 350) siehe: Gesellschaft für schleswig-holsteinische Geschichte über Angelsachsen zu den Britischen Inseln auswanderten, drangen von den Inseln zwischen Schweden und Jütland nordgermanische Dänen, deren ursprüngliche Heimat wahrscheinlich Schonen (im heutigen Südschweden) war, in das nun bevölkerungsarme Nordjütland ein und vermischten sich mit den Resten der Jüten und Angeln. Etwa zeitgleich mit dem Ende der dänischen Einwanderung siedelten ab dem 8. Jahrhundert Friesen an der Westküste, um sich der Expansion des Frankenreiches zu entziehen. Der Landstrich zwischen den Linien EckernfördeTreene und EiderLevensau war damals kaum besiedelt, von dichtem Wald bedeckt und wurde erst im hohen Mittelalter von aus Süden kommenden sächsischen Kolonisten besiedelt siehe: Henning Unverhau: Untersuchungen zur historischen Entwicklung des Landes zwischen Schlei und Eider im Mittelalter, Neumünster 1990. Im späten Mittelalter holten die Schleswiger Herzöge holländische, flämische und westfälische Kolonisten ins Land im 18. Jahrhundert im Rahmen der Kolonisation der Moor- und Heidelandschaft der schleswigschen Geest Kolonisten aus Württemberg, Schwaben, Hessen und der Pfalz.

Heute leben in beiden Teilen Schleswigs - im dänischen Norden und im deutschen Süden - Minderheiten der jeweils anderen Seite, deren Rechte durch die "Bonn-Kopenhagener Erklärungen" von 1955 geregelt werden: Über die Zugehörigkeit kann jeder Einwohner selbst frei entscheiden.

Siehe auch: Dänische Minderheit in Deutschland und Deutsche Minderheit in Dänemark

Sprachen

Im Hochmittelalter war die Sprache Schleswigs bis an die Schlei und die Eckernförder Bucht nach der Einwanderung der Dänen zunächst das Alt- bzw. Mitteldänische bzw. Südjütisch (dialektal: Synnejysk, dänisch Sønderjysk), das aus Verschmelzung des Jütischen mit dem Dänischen hervorgegangen war, seit dem 14. Jahrhundert verbreitete sich dann zunehmend Mittelniederdeutsch, zuerst vor allem in den Städten und dann in der adligen Oberschicht, in den darauffolgenden Jahrhunderten auch in den ländlichen Gebieten. Im frühen 19. Jahrhundert wurde Niederdeutsch schließlich Umgangssprache in Angeln, in den 1930er Jahren auch in fast allen der letzten wenigen dänisch-südjütischen Sprachinseln der Schleswigschen Geest, sodass das südliche Schleswig ungefähr bis zur heutigen Grenze niederdeutsch- bzw. deutschsprachig geworden war. Hochdeutsch hatte sich im Süden Schleswigs vor allem seit der Reformation im Zuge der Verwendung der Lutherbibel langsam ausgebreitet, vielfach als Zweitsprache neben Niederdeutsch. Die Bevölkerung im ländlichen Raum des heutigen Nordschleswig sprach weitgehend weiter Südjütisch, während die Städte auch Nordschleswigs bis zum 19. Jahrhundert mehrheitlich deutschsprachig geworden waren. Nach der Grenzziehung von 1920 ging hier Südjütisch zugunsten des Reichsdänischen (Hochdänisch) zurück, ein Prozess, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg beschleunigte.

Heute gibt es auf beiden Seiten der Grenze nationale Minderheiten. Beide Minderheiten pflegen ihre Sprache mit einem Netz von Kindergärten und Schulen, die zu von jeweils beiden nationalen Bildungssystemen anerkannten Abschlüssen führen. Auf deutscher Seite leben über 10.000 dänische Muttersprachler siehe:Dänisches Kulturinstitut Bonn, auf dänischer Seite etwa 15.000 – 25.000 deutsche Muttersprachler. Für die Zugehörigkeit zur deutschen bzw. dänischen Minderheit spielt die Sprache seit 1955 zumindest formal keine Rolle, entscheidend ist die Selbstzuordnung.

Der Dänische Schulverein für Südschleswig trägt zwei Gymnasien in Flensburg und Schleswig, ein Schülerwohnheim in Flensburg sowie 47 weitere Schulen mit zusammen 5.612 Schülern (Stand 2007)siehe:Dänischer Schulverein für Südschleswig und 55 Kindergärten, die 2000 von etwa 1.800 Kindern besucht wurden. In allen Institutionen wird mit Ausnahme des Faches Deutsch ausschließlich auf Dänisch unterrichtet. Die Dänische Zentralbibliothek für Südschleswig betreibt fünf dänische Bibliotheken.

Zur Pflege deutscher Sprache und Kultur betreibt der Schul- und Sprachverein für Nordschleswig ein Gymnasium in Apenrade, 15 weitere allgemeinbildende Schulen mit zusammen 1.350 Schülern und 24 Kindergärten mit 600 Kindern. In allen Bildungseinrichtungen wird ausschließlich auf Deutsch unterrichtet. Der Verband Deutscher Büchereien in Nordschleswig betreibt fünf deutsche Bibliotheken.

An der Westküste Schleswigs wurde seit dem 8. Jahrhundert Nordfriesisch gesprochen. Seit dem 17. Jahrhundert setzte sich jedoch Niederdeutsch auf Eiderstedt, Nordstrand, Pellworm und den Halligen durch und verbreitete sich zunehmend auf dem friesischen Festland. Heute beherrschen noch etwa 10.000 Nordfriesen Friesisch, vor allem auf den Inseln Amrum, Föhr, Sylt und Helgoland sowie in der Gegend von Risum-Lindholm.

Geschichte

Schloss Gottorf, früherer Sitz der schleswigschen Herzöge, nach 1713 Sitz des dänischen Statthalters.

Übersicht

Das Jarl]tum Schleswig bildete sich im Hochmittelalter innerhalb Dänemarks als Lehen heraus. Im 12. und 13. Jahrhundert erhielten die Jarle vom Kaiser des Heiligen Römischen Reichs den Herzogtitel und behaupteten zunehmend ihre Autonomie gegenüber dem dänischen Königshaus. Nach dem Aussterben des Abelgeschlechts im 14. Jahrhundert gelang es den Schauenburgern, die erbliche [1] mit dem Herzogtum Schleswig zu erhalten. Die dynastische Verflechtung zwischen dem Herzogtum Schleswig, der Grafschaft Holstein und dem Königreich Dänemark sollte von da an 500 Jahre lang die Geschichte bestimmen.

Entstehung des Herzogtums

Nach der Unterwerfung der Sachsen durch Karl den Großen wurden das Frankenreich und Dänemark zu Nachbarn. Karl der Große und der Dänenkönig Gudfred vereinbarten als Grenze die Eider, die daraufhin über ein Jahrhundert unangetastet festlag.

Unter den Kolonisationsbestrebungen des sächsischen Königs Heinrich I. wurde 934 das Gebiet zwischen Eider und Schlei mit der Stadt Schleswig erobert und diente den Kaisern des Heiligen Römischen Reichs Otto I., Otto II., Otto III., Heinrich II. und Konrad II. unter dem Namen Mark Schleswig (auch Dänische Mark) als Grenzmark.

Nachdem Kaiser Konrad II. bei seiner Heirat mit der Tochter Knuts des Großen von England, Dänemark, Schottland und Norwegen diesem Teile von Norddeutschland überlassen hatte, fiel 1025 die Mark Schleswig wieder an Dänemark und die Eidergrenze wurde erneut zur Grenze zwischen dem Heiligen Römischen Reich und Dänemark.

Die Könige von Dänemark setzten auf ihrer Seite der Grenze Statthalter ein, die zunächst den Titel Jarl führten. Dieses Amt wurde vorzugsweise an Mitglieder der Königsfamilie vergeben. Der letzte Jarl Schleswigs, der den sich nach deutschem Vorbild Herzog nannte, war von 1119 bis 1130 Knud Laward. Der Schleswiger Herzog und Königssohn Abel ließ 1250 seinen Bruder Erik IV. ermorden und wurde an dessen Statt selber König von Dänemark. Unter seinen Söhnen spaltete sich die herzogliche Dynastie vom dänischen Königshaus ab.

Dynastische Auseinandersetzungen

Die Schauenburger Grafen, die seit dem frühen 12. Jahrhundert mit dem zum Heiligen Römischen Reich gehörenden benachbarten Holstein belehnt waren, unterstützten die Selbständigkeitsbestrebungen Schleswigs. Graf Gerhard III. von Holstein nötigte 1326 Waldemar III. von Dänemark zur Constitutio Valdemariana, die eine gemeinsame Regierung von Dänemark und Schleswig verbot. Nach dem Aussterben des Schleswiger Herzogsgeschlechts 1386 erzwangen die Schauenburger ihre erbliche Belehnung mit dem Herzogtum Schleswig durch das dänische Königshaus und der holsteinische Adel begann verstärkt, Besitz in Schleswig zu erwerben und die Kolonisierung voranzutreiben.

Als das Schauenburger Geschlecht 1459 mit dem Tod Adolfs VIII. ausstarb, war dem Adel in beiden Territorien daran gelegen, dass in beiden Gebieten weiterhin derselbe Herrscher regieren solle. Darum wählten sie König Christian I. von Dänemark, Norwegen und Schweden aus dem Oldenburg, einen Neffen Adolfs VIII., zum Landesherrn. Im Vertrag von Ripen (Ribe) 1460, der Wahlkapitulation Christians I., stand u. a., dass se bliwen tosamende up ewig ungedelt. Obwohl dieser weit hinten in der Urkunde stehende Paragraf im zeitgenössischen Kontext nichts mit einer territorialen Unteilbarkeit zu tun hat, Vgl. Jahnke 2003 wurde op ewig ungedeelt das Leitmotto der schleswig-holsteinischen Bewegung des 19. Jahrhundert, die eine Loslösung vom dänischen Gesamtstaat anstrebte.

Schleswig und Holstein um 1650, die Herzogtümer sind in einen Flickenteppich verschiedener Hoheitsgebiete zerrissen

1544 wurden die Herzogtümer Schleswig und Holstein von König Christian III. in drei Anteile geteilt, die sich wie ein Flickenteppich über die beiden Territorien verteilten: In einen königlichen dänischen Anteil und in je einen herzoglichen Anteil für seine beiden Stiefbrüder Johann den Älteren und Adolf, welche die Nebenlinien Schleswig-Holstein-Hadersleben und Schleswig-Holstein-Gottorf begründeten. Die Linie Hadersleben starb bereits 1580 aus, deren Gebiete wurden auf die beiden anderen Linien aufgeteilt.

Im Jahr 1564 kam es zu einer weiteren Landesteilung, denn König Friedrich II. von Dänemark, der Sohn Christians III., trat seinem Bruder Johann (genannt "Johann der Jüngere", der das Schloss Glücksburg 1582-87 errichten ließ) ein Drittel seines Anteils an Schlössern, Ämtern und Städten ab, eine "Subdivision", wodurch Johann der Jüngere Sonderburg, Arroe, Plön und Ahrenbök erhielt. Nach dem Tod seines Sohnes Alexander (1622-1627) teilte sich diese Sonderburger Linie des Hauses Oldenburg einerseits in die Linie des Erstgeborenen (Ernst Günther, 1627-1689), der zum Begründer des herzoglichen Hauses Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg wurde; Nachfahre dieses Ernst Günther war beispielsweise der in der Zeit von 1863 bis 1866 besonders bekannt gewordene "Herzog Friedrich (Christian August) von Augustenburg (1829-1888) (genannt "Friedrich VIII."). Andererseits entstand durch die Erbteilung von 1627 die jüngere Linie des "Hauses Sonderburg" unter ihrem Begründer Herzog August Philip (1627-1675), die den Namen Schleswig-Holstein-Sonderburg-Beck (später: Sonderburg-Glücksburg) trug.

Um mehr Unabhängigkeit von der Krone zu gewinnen, suchte die herzogliche Linie Gottorf die Allianz zu Schweden. Im Großen Nordischen Krieg besetzte daraufhin Dänemark 1713 den herzoglichen Anteil Schleswigs. Von da an war Schleswig wieder vereinigt in königlich dänischer Hand. Im Frieden von Frederiksborg wurde die Annexion 1720 als rechtmäßig bestätigt und 1721 erfolgte auf Schloss Gottorf die Huldigung des dänischen Königs durch den Ritterstand. Zu einer Einigung des Herzogtums Holstein kam es erst 1773, als die herzogliche Linie nach Erlangung des russischen Zarenthrons zugunsten Dänemarks auf ihre holsteinischen Herrschaftsrechte verzichtete.

Nationale Auseinandersetzungen

Mit Aufkommen der nationalen Bewegungen entstand zum einen die Bestrebung des dänischen Bevölkerungsteils, das selbständige Herzogtum Schleswig vollständig in das dänische Königreich zu integrieren und Holstein an Deutschland abzutreten, zum anderen die Bestrebung der deutschen Bevölkerungsmehrheit in Schleswig-Holstein, die in eine Nationalbewegung mündete, zur Vereinigung der beiden Herzogtümer innerhalb eines deutschen Bundesstaates und somit der Loslösung von der dänischen Krone. Einige Schleswig-Holsteiner forderten auch, die Augustenburger Linie wieder als Herzöge einzusetzen.

Erste Gedanken, Schleswig anhand einer Sprachgrenze zu teilen, wurden schon 1830 entwickelt, doch hatte der Teilungsgedanke auf keiner Seite einen größeren Rückhalt, da sich die Mehrheit gesinnungsübergreifend als Schleswiger sah. Schleswig war zweimal Anlass für Konflikte im 19. Jahrhundert: 1848 protestierten die deutschen Liberalen gegen das Einbeziehen Schleswigs in eine gesamtdänische Verfassung, da Schleswig staatsrechtlich nicht zum Königreich Dänemark gehörte, und forderten darüber hinaus die Aufnahme Schleswigs in den Deutschen Bund bzw. in einen geplanten Deutschen Nationalstaat, während die dänischen Liberalen die Integration des Herzogtums ins Königreich Dänemark forderten (Eiderdänen). Nachdem sich die den aufständischen Schleswig-Holsteinischen Truppen zur Hilfe geeilten Truppen des Deutschen Bundes unter Führung Preußens auf internationalen Druck hin aus Jütland zurückgezogen hatten, unterlagen die Schleswig-Holsteiner 1851 den Dänen. In der Folgezeit verschärfte die dänische Krone ihre Politik der Danisierung (u.a. Sprachreskripte für Mittelschleswig), so dass der Wunsch der mehrheitlich deutschgesinnten Schleswiger SIEHE.Referat des Historikers Jens Peter Kutz, nach einer Loslösung von Dänemark weiter virulent war.

Als das Königreich Dänemark schließlich in seiner Novemberverfassung das Londoner Protokoll brach, kam es zum Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 zwischen Dänemark und den Verbündeten Preußen und Österreich. Im Wiener Frieden musste Dänemark am 30. Oktober 1864 Schleswig, Holstein und Lauenburg an Preußen und Österreich abtreten, die es zunächst gemeinsam als Kondominium verwalteten. Die gemeinsame Verwaltung endete faktisch mit der Gasteiner Konvention 1865. Nach dem Deutschen Krieg 1866 fielen Schleswig und Holstein endgültig an Preußen; mit Lauenburg war Preußen bereits seit 1865 in Personalunion vereint. 1867 erfolgte die Vereinigung zur preußischen Provinz Schleswig-Holstein, der 1876 auch Lauenburg als Kreis Herzogtum Lauenburg einverleibt wurde.

Der Prager Frieden von 1866 enthielt auf Intervention Napoleon III. in Artikel 5 einen Volksabstimmungsvorbehalt für das nördliche Schleswig. Die faktisch Dänemark begünstigende Klausel wurde allerdings von Preußen und Österreich 1878 einvernehmlich annulliert. Im Optantenvertrag von 1907 erkannte schließlich auch Dänemark die Grenze von 1864 de facto an.

In der dänischgesinnten Bevölkerung Nordschleswigs blieb der Wunsch nach einem Anschluss an Dänemark stets lebendig, wobei allmählich auch einstige Gegner einer Teilung des Herzogtums diese notfalls für opportun hielten. In den 1880er Jahre begann sich die dänische Minderheit in Schleswig zu organisieren. 1901 forderte der dänische Historiker H. V. Clausen die Abtretung des nördlichen Schleswigs an Dänemark. Die von ihm vorgeschlagene Teilungslinie, die sog. Clausen-Linie, verlief nördlich von Tondern gen Flensburg, ließ die Zugehörigkeit der Stadt selbst allerdings offen. Gegen Ende des Ersten Weltkrieges, zwei Wochen nach dem Waffenstillstandsangebot des Deutschen Reiches, forderte Hans Peter Hanssen, seit 1896 Abgeordneter des preußischen Landtags und seit 1905 des Reichstags, erfolglos im deutschen Reichstag die Wiederaufnahme und Anwendung der 1878 annullierten Abstimmungsklausel.

Teilung Schleswigs

Dänische Karte von Sønderjylland = Schleswig kurz vor der Teilung

Im Ersten Weltkrieg war Dänemark neutral. Als sich schon vor dem Waffenstillstand vom 11. November 1918 abzeichnete, dass dennoch die dänischen Forderungen in den Friedensvertrag eingehen würden, organisierte sich auch der deutsche Bevölkerungsteil.

Aufgrund des Drucks der Entente wurden im Versailler Vertrag Schleswigs Volksabstimmungen vorgesehen, die Anfang 1920 unter der Regie der CIS (Commission Internationale de Surveillance du Plébiscite Slesvig), die in dieser Zeit auch kommissarisch das Hoheitsrecht über Schleswig ausübte, im nördlichen und mittleren Teil durchgeführt wurden. Die Kommission bestand aus dem Franzosen Paul Claudel, dem Engländer Sir Charles Marling, und – auf Wunsch der Alliierten – je einem Vertreter der im Ersten Weltkrieg neutralen Länder Schweden und Norwegen. Berater der CIS waren für Dänemark H. P. Hanssen, der inzwischen dänischer Ministerpräsident war, und für Deutschland Emilio Böhme. Dabei konnte die Ziehung der Grenzen für die Abstimmungszonen sowie die Festlegung jeweils unterschiedlicher Abstimmungsmodalitäten für die Zonen (en bloc im Norden, gemeindeweise in Süden) von Dänemark durchgesetzt werden. Auf Wunsch dänischer Nationalisten, die Schleswig bis zur Eider zu gewinnen hofften, wurde zeitweise sogar eine dritte Abstimmungszone bestimmt, doch rückte die damalige sozialliberal-sozialdemokratische Mehrheit im dänischen Folketing von dieser Forderung aber wieder ab.

In der nördlichen Abstimmungszone I (Nordschleswig) wurde am 10. Januar abgestimmt. Hier gab es bei 91,5 % Wahlbeteiligung rund 75.000 Stimmen (74,2 %) für Dänemark und 25.000 Stimmen (25,8 %) für Deutschland. Die En Bloc-Abstimmung führte dazu, dass neben den mehrheitlich für Deutschland votierenden Städten Apenrade (dänisch: Åbenrå) und Sonderburg (dänisch: Sønderborg) in einem ansonsten geschlossen mehrheitlich dänisch stimmenden Umland auch die Stadt Tondern (dänisch: Tønder), der Flecken Tingleff (dänisch: Tinglev) und der sie umgebende Landstrich, allesamt mit zwischen 77 % und 88 % mehrheitlich für den Verbleib bei Deutschland stimmend, an Dänemark fielen.

In Zone II (Mittelschleswig) wurde am 24. Februar gemeindeweise abgestimmt. Bei 90,75% Wahlbeteiligung gab es 52.000 Stimmen (80,2 %) für Deutschland und 13.000 Stimmen (19,8%) für Dänemark, dabei kam es in lediglich drei Gemeinden auf Föhr zu einer dänischen Mehrheit, so dass Mittelschleswig geschlossen bei Deutschland verblieb.

Schon am 11. Januar, dem Tag nach der Abstimmung in Zone I, wurde vom deutschen Sachverständigen Johannes Tiedje eine etwas weiter nördlich verlaufende Grenze, die sog. Tiedje-Linie vorgeschlagen, die zu in etwa gleich großen Minderheiten beiderseits der Grenze geführt hätte.

Die endgültige Entscheidung über den Grenzverlauf fiel im Mai 1920 in Paris. Die Siegermächte und Dänemark lehnten den Gegenvorschlag Tiedjes ab, so dass die Clausen-Linie zur bis heute gültigen Grenze zwischen Deutschland und Dänemark wurde. Das nunmehr verkleinerte Schleswig blieb Teil der preußischen Provinz Schleswig-Holstein und gehört seit 1946 zum deutschen Land Schleswig-Holstein.

Siehe auch

Literatur

  • Robert Bohn: Geschichte Schleswig-Holsteins, München 2006 (Verlag C.H. Beck), ISBN 3-406-50891-X
  • Troels Fink: Geschichte des schleswigschen Grenzlandes. Munksgaard, København 1958.
  • Reimer Hansen: Was bedeutet "op ewig ungedeelt"? Das Ripener Privileg von 1460 im deutsch-dänischen Nationalkonflikt des 19. Jahrhunderts, in: Grenzfriedenshefte 4, 1996, S. 215-232. ISSN 1867-1853
  • Paul von Hedemann-Heespen: Die Herzogtümer Schleswig-Holstein und die Neuzeit, Walter G. Mühlau, Kiel 1926 (zum Thema "Augustenburg" s. S. 712-733, Kap. 95 und 96)
  • Carsten Jahnke: "dat se bliven ewich tosamende ungedelt". Neue Überlegungen zu einem alten Schlagwort, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte, Bd. 128, 2003, ISBN 3-529-02328-0
  • Jörg Johannsen-Reichert (geb. Johannsen): Der Erbfolgestreit um die Herzogtümer Schleswig und Holstein im 19. Jahrhundert - Eine Untersuchung zu den Sukzessionsansprüchen der Herzöge von Sonderburg-Augustenburg auf Schleswig und Holstein, Shaker Verlag, Aachen 1999, ISBN 978-3-8265-4724-9
  • Ulrich Lange (Hrsg.): Geschichte Schleswig-Holsteins. Neumünster (Wachholtz) 2003, ISBN 3-529-02440-6
  • Ulrich Lange, Henrik Becker-Christensen (Hrsg), Geschichte Schleswigs. Vom frühen Mittelalter bis 1920, Institut for Grænseregionsforskning: Aabenraa, 1998, ISBN 87-90163-74-5
  • Lorenz Rerup: SLesvig og Holsten efter 1830. Politikens Danmarkshistorie, København 1982.
  • Gerret L. Schlaber: Hertugdømmet Slesvigs forvaltning. Administrative strukturer og retspleje mellem Ejderen og Kongeåen ca. 1460-1864. Studieafdelingen ved Dansk Centralbibliotek for Sydslesvig, Flensborg 2007, ISBN 978-87-89178-65-3
  • Hans Schultz Hansen u.a.: Sønderjyllands Historie. Bd. 1. Historisk Samfund for Sønderjylland. Aabenraa 2008, ISBN 978-87-7406-109-0
  • Horst Windmann: Schleswig als Territorium. Grundzüge der Verfassungsentwicklung im Herzogtum Schleswig von den Anfängen bis zum Aussterben des Abelschen Hauses 1375. Wachholtz, Neumünster 1954.
  • Jann Markus Witt/Heiko Vosgerau (Hrsg.): Schleswig-Holstein von den Ursprüngen bis zur Gegenwart. Eine Landesgeschichte. Hamburg: Convent-Verlag 2002, ISBN 3-934613-39-X

Quelle

Wikipedia - Die freie Enzyklopädie

Weblinks