Quelltext der Seite August Julius Langbehn

[[Bild:Julius Langbehn autograph.jpg|thumb|Julius Langbehn]]
August '''Julius Langbehn''' (* 26. März 1851 in [http://de.wikipedia.org/wiki/Haderslev Hadersleben]; † 30. April 1907 in [http://de.wikipedia.org/wiki/Rosenheim Rosenheim]) war ein deutscher [http://de.wikipedia.org/wiki/Schriftsteller Schriftsteller] und [http://de.wikipedia.org/wiki/Kulturkritik Kulturkritik]er.

== Leben ==

Julius Langbehn wuchs als drittes Kind eines Lehrers und einer Pastorentochter in [http://de.wikipedia.org/wiki/Kiel Kiel] auf. Sein Vater starb, als er 14 Jahre alt war.

1870 meldete er sich mit 19 Jahren als Freiwilliger zum Militär und wurde nach dem Ende des [http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch-Franz%C3%B6sischer_Krieg Deutsch-Französischen Krieges] als Leutnant der Reserve entlassen. Danach studierte er [http://de.wikipedia.org/wiki/Kunstgeschichte Kunstgeschichte] und [http://de.wikipedia.org/wiki/Arch%C3%A4ologie Archäologie]. Später unternahm er Reisen nach [http://de.wikipedia.org/wiki/Italien Italien].

Nachdem er 1875 aus seiner Kieler [http://de.wikipedia.org/wiki/Burschenschaft Burschenschaft] [http://de.wikipedia.org/wiki/Dimission dimittiert] worden war, ging er nach [http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig-Maximilians-Universit%C3%A4t_M%C3%BCnchen München], wo er 1880 mit einer Arbeit über "Flügelgestalten der ältesten griechischen Kunst" zum Dr. phil. [http://de.wikipedia.org/wiki/Promotion_(Doktor) promovierte]. Nach dem Auslaufen eines Stipendiums 1882 führte er ein unstetes Leben mit wechselnden Arbeitsstellen und Wohnsitzen – u.a. wohnte er längere Zeit bei dem Maler [http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Thoma Hans Thoma]. 

1889 nahm Langbehn Kontakt zur Mutter des geisteskranken [http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Nietzsche Friedrich Nietzsche] auf und wollte ihn durch eine Gesprächstherapie heilen. Auf einen früheren Huldigungsbrief hatte der noch gesunde Nietzsche nicht reagiert. Nach einem Anfall Nietzsches reiste Langbehn nach [http://de.wikipedia.org/wiki/Dresden Dresden] ab und forderte brieflich von Nietzsches Mutter, dass ihm die [http://de.wikipedia.org/wiki/Vormundschaft Vormundschaft] über den Kranken übertragen werde. Dies wurde durch Eingreifen [http://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Overbeck Franz Overbeck]s verhindert. 1891 wurde Langbehn wegen angeblicher Verbreitung pornographischer Inhalte in seinem Gedichtband "40 Lieder von einem Deutschen" angeklagt. Daraufhin verließ er Dresden und zog nach [http://de.wikipedia.org/wiki/Wien Wien]. 

1900 konvertierte Langbehn zum [http://de.wikipedia.org/wiki/Katholizismus Katholizismus]. Maßgeblich beeinflusst war dieser Schritt durch den Bischof von Rottenburg [http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Wilhelm_Keppler Paul Wilhelm Keppler] und Langbehns Freund und späteren Biograph [http://de.wikipedia.org/wiki/Benedikt_Momme_Nissen Benedikt Momme Nissen].

=== Rembrandt als Erzieher ===

1890 ließ Langbehn anonym („Von einem Deutschen“) in dem Leipziger Verlag C. L. Hirschfeld seine zweite Veröffentlichung ''Rembrandt als Erzieher'' erscheinen, das im [http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsches_Kaiserreich Deutschen Reich] in kürzester Zeit sehr viele [http://de.wikipedia.org/wiki/Auflage_einer_Publikation Auflagen] erlebte. Das Buch wurde von den beiden Kunsthistorikern [http://de.wikipedia.org/wiki/Woldemar_von_Seidlitz Woldemar von Seidlitz] und [http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_von_Bode Wilhelm von Bode], mit denen Langbehn befreundet war, protegiert und dem Verleger Hirschfeld empfohlen, der es zu einem niedrigen Preis von 2 Reichsmark anbot. Als wirklicher Verfasser des Rembrandtbuches wurde zunächst [http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_de_Lagarde Paul de Lagarde] angenommen, der diese Vermutung jedoch bald dementierte. Obwohl die wahre Verfasserschaft Langbehns daraufhin sehr schnell bekannt wurde, blieb sein Name den meisten Lesern unbekannt. Langbehn erhielt später den Beinamen ''der Rembrandtdeutsche'', den er auch selbst verwendete.

In seinen [http://de.wikipedia.org/wiki/Kulturpessimismus kulturpessimistischen] Betrachtungen begriff Langbehn [http://de.wikipedia.org/wiki/Rationalit%C3%A4t Rationalität], Wissenschaftlichkeit, [http://de.wikipedia.org/wiki/Materialismus Materialismus], [http://de.wikipedia.org/wiki/Liberalismus Liberalismus], [http://de.wikipedia.org/wiki/Kosmopolitismus Kosmopolitismus] und geistig-kulturellen Uniformismus als Degenerationserscheinungen, für die er [http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitalter_der_Aufkl%C3%A4rung Aufklärung] und [http://de.wikipedia.org/wiki/Urbanisierung Urbanisierung] verantwortlich machte. Als mystisch-romantischen Gegenpol zur verhassten Moderne setzte Langbehn den Typus des "Niederdeutschen", verkörpert durch den Maler Rembrandt. Aus seinem Geist solle eine [http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkische_Bewegung völkische Wiedergeburt] durch Kunst erfolgen.

Da "Rembrandt als Erzieher" gekonnt den antiliberalen und antimodernen Zeitgeist von Teilen des deutschen Bürgertums traf, verkaufte sich das Buch gut und erlebte zahlreiche Auflagen. Das Rembrandtbuch wurde allerdings auch zum Gegenstand von [http://de.wikipedia.org/wiki/Persiflage Persiflage]n, die Langbehns "Möchtegernphilosophie" als Wortklauberei entlarvten.  

Der Titel ist eine Anspielung auf Nietzsches dritte Unzeitgemäße Betrachtung ''Schopenhauer als Erzieher''. Langbehn übernahm Gedanken des jungen Nietzsche und integrierte sie in ein deutschnationales Weltbild. Spätere Werke Nietzsches lehnte er als blasphemische „Verirrungen“ ab. Langbehns Deutung Nietzsches, die derjenigen seiner Schwester [http://de.wikipedia.org/wiki/Elisabeth_F%C3%B6rster-Nietzsche Elisabeth Förster-Nietzsche] ähnelt, war im frühen 20. Jahrhundert wirksam, wird heute in der Nietzsche-Forschung aber abgelehnt.

In dem von Auflage zu Auflage überarbeiteten Werk schlugen sich zunehmend antisemitische Tendenzen nieder, die Langbehn u.a. aus einem Briefwechsel mit [http://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Fritsch Theodor Fritsch] schöpfte. Unmittelbaren Einfluss auf diese Entwicklung übte [http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Bewer Max Bewer] aus, der sich als Freund und "Schüler" Langbehns profilierte und 1892 eine Verteidigungsschrift für das Rembrandtbuch veröffentlichte.

=== Gegner der Moderne und Nachwirkung ===

Langbehn wurde ein Gegner der [http://de.wikipedia.org/wiki/Moderne Moderne] und insbesondere aller modernen Wissenschaften. 1891 schickte er seine Promotionsurkunde zerrissen an die Universität München zurück. Nach seiner [http://de.wikipedia.org/wiki/Konversion_(Religion) Konversion] zum [http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCnchen Katholizismus] zog er nach [http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCnchen München] und [http://de.wikipedia.org/wiki/Alt%C3%B6tting Altötting] und starb 1907 in [http://de.wikipedia.org/wiki/Rosenheim Rosenheim]. Auf seinen Wunsch wurde er unter der uralten Ädigna-Linde neben der Kirche in Puch bei [http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCrstenfeldbruck Fürstenfeldbruck] bestattet. Sein Privatsekretär, der Maler [http://de.wikipedia.org/wiki/Benedikt_Momme_Nissen Benedikt Momme Nissen], gab nach seinem Tod weitere, aus dem Nachlass kompilierte Werke heraus. Ihre Authentizität gilt als unsicher, da Momme Nissen als [http://de.wikipedia.org/wiki/Dominikaner Dominikaner] ein Interesse daran hatte, die katholischen Elemente in Langbehns Denken einseitig hervorzukehren.  

Langbehns Gedankengut hatte starken Einfluss auf die Ausprägung von Antiintellektualismus und [http://de.wikipedia.org/wiki/Antisemitismus#Antisemitismus Antisemitismus] in der deutschen [http://de.wikipedia.org/wiki/Jugendbewegung Jugendbewegung]. Der Kulturkatholizismus, der nach einer Vereinbarkeit zwischen [http://de.wikipedia.org/wiki/Katholizismus Katholizismus] und [http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalismus Nationalismus] suchte, fand in Langbehn einen wichtigen Bezugspunkt. Sein Werk wurde auch in der Kunsterziehung des [http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialismus Nationalsozialismus] wirksam. Seine Schriften erlebten gerade, durch die Nationalsozialisten gefördert und in ihrem Anliegen aufgegriffen, in dieser Zeit eine Renaissance.

== Werk (Auswahl) ==

* ''Rembrandt als Erzieher'', 1890 ([http://books.google.com/books?id=ByOIw3lpI6AC&pg=PA1 Digitalisat Google (nur mit US-Proxy lesbar)]; [[:commons:Image:Rembrandt_als_Erzieher_72_Aufl.djvu|Digitalisat der 72.–76. Auflage bei Commons]])
* ''40 Lieder von einem Deutschen'', 1891 (Sammlung von Gedichten)
* ''Dürer als Führer'' ("Vom Rembrandtdeutschen und seinem Gehilfen" [=Benedikt Momme Nissen]), 1928
* ''Der Geist des Ganzen'', hrsg. v. Benedikt Momme Nissen, 1930
* ''Briefe an Bischof Keppler'', hrsg. v. Benedikt Momme Nissen, 1937

== Literatur ==

* Bernd Behrendt: ''August Julius Langbehn, der "Rembrandtdeutsche".'' In: Uwe Puschner, Walter Schmitz u. Justus H. Ulbricht (Hrsg.): ''Handbuch zur "Völkischen Bewegung" 1871-1918.'' Saur, München u.a. 1999. S. 94-113. ISBN 3-598-11421-4
* Bernd Behrendt: ''Zwischen Paradox und Paralogismus. Weltanschauliche Grundzüge einer Kulturkritik in den neunziger Jahren des. 19. Jahrhunderts am Beispiel August Julius Langbehn''. Lang, Frankfurt am Main u.a. 1984. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1; 804) ISBN 3-8204-5604-X
* Bürger-Prinz, Hans: ''Über die künstlerischen Arbeiten Schizophrener'' In: Bumke, O. (Hrsg.): Handbuch der Geisteskrankheiten. Band IX (Spezieller Teil V: Die Schizophrenie), S.668-704. Julius Springer, Berlin 1932.
* Bürger-Prinz, Hans und A. Segelke: ''Julius Langbehn der Rembrandtdeutsche: Eine pathopsychologische Studie.'' Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1940.
* Jörg Hobusch: ''Der Deutschunterricht in den Anfängen der bürgerlichen Reformpädagogik.'' Lang, Frankfurt am Main u.a. 1989. (= Studien zur Germanistik und Anglistik; 5) ISBN 3-631-41883-3 
* Hubertus Kunert: ''Deutsche Reformpädagogik und Faschismus.'' Schroedel, Hannover u.a. 1973. 
* Ulf-Thomas Lesle: ''Bestseller des Bürgertums und Kursbuch der Plattdeutschen: "Rembrandt als Erzieher" von August Julius Langbehn. '' In: Kieler Blätter zur Volkskunde 32 (2000). S. 51-83.
* Benedikt Momme Nissen: ''Der Rembrandt-Deutsche Julius Langbehn''. Herder, Freiburg im Breisgau 1927.
* Momme Nissen: '' Des Rembrandtdeutschen und mein Weg zur Kirche'', in: Joseph Eberle (Hrsg.) Unser Weg zur Kirche, Luzern 1948.
* Johannes G. Pankau: ''Wege zurück. Zur Entwicklungsgeschichte restaurativen Denkens im Kaiserreich. Eine Untersuchung kulturkritischer und deutschkundlicher Ideologiebildung.'' Lang, Frankfurt am Main u.a. 1983. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1; 717) ISBN 3-8204-7663-6
* [http://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Stern Fritz Stern]: ''Kulturpessimismus als politische Gefahr.'' Scherz, Bern u.a. 1963. / München. dtv. 1986. ISBN 3-423-04448-9 / Stuttgart. Klett-Cotta. 2005. ISBN 3-608-94136-3 (Rezension Deutschlandradio Kultur [http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/politischesbuch/451057/])

== Quelle ==
[http://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Langbehn '''Wikipedia''' - ''Die freie Enzyklopädie'']

== Weblinks ==
[http://de.wikiquote.org/wiki/August_Julius_Langbehn Wikiquote: August Julius Langbehn – Zitate] 
* [https://portal.d-nb.de/opac.htm?query=atr%3D11872634X+OR+nid%3D11872634X&method=simpleSearch Literatur von und über Julius Langbehn im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek]
* [http://www.david.juden.at/kulturzeitschrift/57-60/58-Oberndorfer-0.htm Antisemitismus im 19. Jahrhundert] Auszüge einer Untersuchung zum Antisemitismus bei Langbehn
* [http://www.friedrichnietzsche.de/.bin/showpic.php?picnr=107 Photographie Langbehns]
* {{BBKL|l/Langbehn|band=4|autor=Martin Schewe|spalten=1084–1085}}
* [http://geschichtsschreibung-geschichtsfaelschung.suite101.de/article.cfm/julius_langbehn Artikel über Julius Langbehn], in: suite101.de
*[http://www.geocities.com/tgraefe77/bibliographie-anti.pdf Bibliographie zum Antisemitismus im deutschen Kaiserreich] (PDF-Datei; 295 kB)

[[Kategorie:Schriftsteller]]
[[Kategorie:Biographie]]